Forschung für Nachhaltigkeit

DAAD

Ohne die Innovationskraft internationaler Wissenschaft sind die ökologischen Krisen der Gegenwart kaum zu bewältigen. Mit seinen Förderprogrammen leistet der DAAD einen wichtigen Beitrag – und reformiert zugleich auch sich selbst.

Das Ziel ist klar, aber der Weg extrem herausfordernd. Nach aktuellen Analysen des Weltklimarats bleiben nur noch wenige Jahre, um die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch erträgliches Maß zu begrenzen. Hinzu kommen die lebensgefährlichen Auswirkungen von Umweltverschmutzung und Artensterben. Zu schaffen ist das nur in einer gemeinsamen, globalen Kraftanstrengung: Innovationen sind gefragt. Und zwar nicht nur im Sinne technischer Lösungen, sondern auch in der Art und Weise, wie Gesellschaften sich auf allen Ebenen so transformieren können, dass die Menschen den Wandel akzeptieren und bewältigen.

Für die Forschung heißt das vor allem, sich der Komplexität der Aufgabe zu stellen. „Einerseits erfordern eine Vielzahl spezifischer Forschungsfragen eine genaue Analyse, um fundierte Antworten geben zu können“, sagt Dr. Christian Schäfer, Referatsleiter Forschung und Studien im DAAD. „Andererseits wird die Integration der vielfältigen Einzelergebnisse durch den akademischen Anspruch der jeweiligen Disziplinen und die heterogenen lokalen Bedingungen erschwert. Das eigentliche Ziel kann so aus dem Fokus geraten: mit den Ergebnissen auch ins konkrete Handeln zu kommen.“ Vermeiden könne man das nur durch eine genaue Kenntnis der jeweiligen Lage vor Ort und die Einbeziehung der Betroffenen. Es gilt, eben nicht nur akademisch zu denken, sondern aus einem multiperspektivischen Ansatz heraus wirklich funktionierende Lösungsansätze zu entwickeln. „Und ich denke, genau das ist die Stärke des DAAD.“ 

Deutlich wird das etwa im Programm climapAfrica zur Förderung zukünftiger Führungskräfte in Klimaforschung und Klimaschutz in Afrika. Es umfasst sowohl ein Exzellenz-Postdoc-Stipendienprogramm als auch ein vielfältiges Angebot für Alumnae und Alumni. Kern des Programms sind sieben Arbeitsgruppen, die in den Bereichen Meteorologie, Biodiversität, Agrarwissenschaften, Entwicklungsforschung, nachhaltige Energie, Stadtentwicklung und Migration mit Fokus auf den Klimawandel in Afrika forschen. „In diesen Teams arbeiten die Postdocs dann mit genau den deutschen Förderinstitutionen zusammen, die für sie relevant sind“, erklärt Christian Schäfer. „Hier geht es darum, ideale Bedingungen für nachhaltige Innovationen zu schaffen, indem wir Menschen identifizieren, die wirklich etwas bewegen wollen und können.“ 

Doppelinterview Mukherjee und Karliczek Europäische Hochschulen

Jonas Ratermann/DAAD

DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee: „Angesichts der Herausforderungen des Anthropozäns ist nachhaltige Entwicklung für uns entscheidend: mit Blick auf die Lösungspotenziale internationaler Forschung, auf unsere eigene Organisation wie auch auf unser globales Netzwerk.“

ClimapAfrica ist eines von vielen Stipendienprogrammen aus dem Bereich Nachhaltigkeit, die der DAAD mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) realisiert. Dr. Holger Finken, Referatsleiter Forschungsprogramme im DAAD, hebt hervor: „Die Programme sind sehr fokussiert auf bestimmte Felder, und der DAAD kann dazu seine große Erfahrung und vor allem sein großes weltweites Netzwerk voll ausspielen.“ Aktuell bewilligt wurde ein Förderprogramm im Bereich Grüner Wasserstoff, laufende Förderungen fokussieren sich auf Meeres- und Küstenforschung im südlichen Afrika oder nachhaltiges Wassermanagement mit Zielländern wie Brasilien, Vietnam oder Namibia. „Der DAAD ist mit seinen Aktivitäten dazu da, die Wissenschaft zu fördern, sowohl die Grundlagenforschung, die zu evidenzbasierten Entscheidungen führt, als auch die angewandte Wissenschaft. Das ganze Spektrum dessen, was die Wissenschaft zur Lösung des Klimaproblems beitragen kann“, fasst Finken zusammen. 

Ende 2022 feierte auch das Programm Make Our Planet Great Again – German Research Initiative (MOPGA-GRI) seinen erfolgreichen Abschluss. Das Programm ist Teil einer französischdeutschen Forschungsinitiative und ermöglichte interdisziplinäre Spitzenforschung zu den Pariser Klimazielen an deutschen Hochschul- und Forschungseinrichtungen. Die 13 geförderten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erarbeiteten innovative und anwendungsbezogene Forschungsergebnisse in den Kernbereichen Klima-, Energie- und Erdsystemforschung. „Gleichzeitig“, so das Fazit der zuständigen DAAD-Programmleiterin Ursula Hardenbicker, „war das Programm im Sinne eines Brain Regain sehr erfolgreich: Ein Großteil der mit MOPGA-GRI nach Deutschland gekommenen oder zurückgekehrten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wird seine akademische Laufbahn hier fortsetzen.“ 

Die Wirkung seiner Förderprogramme zu steigern, Fach- und Führungskräfte zu qualifizieren, Klimawissen zu generieren und anzuwenden, ist aber nur ein Teil des Nachhaltigkeitshandelns im DAAD. Genauso wichtig ist es, das eigene Handeln so ressourcenschonend und emissionsarm wie möglich zu gestalten, also den eigenen ökologischen Fußabdruck weiter zu reduzieren. Bis 2030 soll der Geschäftsbetrieb des DAAD klimaneutral sein. „Die Reflexion der Agenda 2030 hat uns als Organisation noch einmal deutlich vor Augen geführt, dass Nachhaltigkeit die gesamte internationale Kooperation betrifft und fordert“, so Dr. Ruth Fuchs, Leiterin der 2021 gegründeten Stabsstelle Nachhaltigkeit im DAAD. 

Forschung für Nachhaltigkeit

Fazit Communication

Für den DAAD ist das eine besondere Herausforderung. „Wir werden als Organisation, deren DNA der internationale Austausch ist, natürlich auch in Zukunft physische Mobilität und persönliche Begegnung aktiv fördern“, so Fuchs. „Aber auch unter diesen Vorzeichen sehen wir gute Chancen für eine klimagerechte Gestaltung der akademischen Zusammenarbeit.“ Wo genau, das hat die im November 2022 veröffentlichte Klimabilanz ermittelt. Tätig werden will der DAAD etwa in den Bereichen Mobilität und Veranstaltungen. Dazu zählt die Sensibilisierung der Mitarbeitenden für nachhaltiges Reisen und der Ausbau digitaler und hybrider Veranstaltungsformate. Auch mit Blick auf seine Förderprogramme hat der DAAD seine Angebote im Bereich internationaler digitaler Kooperation weiter ausgebaut. Entscheidend dabei sei die enge Kooperation mit den Hochschulen, erklärt Ruth Fuchs. „Zum einen unterstützen wir Universitäten in ihrem Wunsch, Projekte nachhaltiger umzusetzen. Zum anderen werden die Hochschulen schon im Ausschreibungsprozess von uns sensibilisiert, Nachhaltigkeitsaspekte mitzudenken.“ 

Den Beitrag der DAAD-Programme zur Agenda 2030 steigern, Wissen für nachhaltige Entwicklung bereitstellen, die Nachhaltigkeit des Förderhandelns sichern und das eigene Nachhaltigkeitsmanagement stärken – diese vier Ziele hat sich der DAAD in seiner 2020 veröffentlichten Nachhaltigkeitsagenda gesteckt. Ein hoher Anspruch, zu dem Christian Schäfer bilanziert: „Der DAAD hat viele Möglichkeiten, dringend notwendige Innovationen im Bereich Nachhaltigkeit voranzubringen: durch sein Netzwerk und die Zusammenarbeit mit verschiedensten Institutionen wie durch das Zusammenführen vieler Fäden in unterschiedlichen Weltregionen. So werden umfassend durchdachte Entscheidungen und vor allem Handlungen für mehr Nachhaltigkeit erst möglich.“

Klaus Lüber (10. Januar 2023)

Der Beitrag ist zuerst erschienen im Letter – Das Magazin für DAAD-Alumnae und -Alumni (Ausgabe 2/2022).