Konferenz „Moving Target Digitalisation“: Internationalisierung und digitale Bildung neu denken

DAAD

30.11.–2.12.2022: Die Konferenz #movingtarget2022 findet in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und digital statt.

Standortbestimmung, offener Austausch von Erfahrungswerten und vor allem eine umfassende Prognose: Auf der Konferenz #movingtarget2022 dreht sich thematisch alles um die Digitalisierung der internationalen Hochschulbildung – vor Ort in Berlin und virtuell im Netz. Die Konferenz vom 30. November bis zum 2. Dezember präsentiert neue Arbeitsergebnisse, ermöglicht das Gespräch unter Expertinnen und Experten und bietet ein Diskussionsforum für einen Politikdialog über Kooperations- und Integrationsmöglichkeiten auf europäischer sowie globaler Ebene.

Die Digitalisierung von Lehren, Lernen, Forschen und Management intensiviert die Kooperation an Hochschulen und führt so zu einer konsequenten Internationalisierung der Bildungslandschaft. Die Potenziale der global vernetzten Welt ermöglichen neue Formen der Teilhabe und Mobilität. Digitale Tools und Plattformen unterstützen eine grenzenlose „Student Journey“: von der Vorbereitung und Befähigung über den Hochschulzugang bis zum Abschluss sowie im Idealfall eine anschließende lebenslange Weiterbildung. Mit zahlreichen Initiativen und Projekten fördert der DAAD im Verbund mit vielen Partnern die Digitalisierung der Hochschulbildung und damit den internationalen Austausch. Dieser steht auch im Mittelpunkt der Moving Target Digitalisation 2022, die – nach der Auftaktkonferenz vor zwei Jahren – erneut Einblick in die Digitalisierung der internationalen Hochschullandschaft gibt.

Vier Themenfelder entlang der „Student Journey“
Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, stellt die Konferenz Erkenntnisse und Fortschritte, Projekte und politische Entwicklungen, Chancen und Grenzen der digitalen Bildung auf den Prüfstand. Das Programm umfasst spannende Keynotes, fundierte Diskussionen mit Expertinnen und Experten sowie informative Präsentationen aktueller Ergebnisse aus Forschung und anwendungsorientierten Projekten. Das thematisch-modulare Konzept der Konferenz deckt entlang der kompletten „Student Journey“ vier Themenfelder ab:

  • Vernetzung digitaler Bildungsangebote
  • Virtueller Austausch und „Blended Mobility“
  • Europäische Strategien für digitale Bildung
  • Digitale Bildungsnachweise und Vertrauensnetzwerke

Interview mit Keynote Speakerin Taskeen Adam

„Digitalisierung hat das Potenzial, Bildungsgerechtigkeit zu verbessern“

Konferenz „Moving Target Digitalisation“: Internationalisierung und digitale Bildung neu denken

Privat

Taskeen Adam, PhD, Co-Direktorin bei der Organisation Open Development & Education, wird die Vorträge der #movingtarget2022 mit ihrer Keynote „Designing Justice-oriented Digital Education” eröffnen. Ihre Forschung zeigt, wie historische Ungerechtigkeiten, kulturelle Zwänge und wirtschaftliche Abhängigkeiten weiterhin eine zentrale Rolle in der Bildung spielen. Neben ihrer akademischen Tätigkeit leistete sie Pionierarbeit bei digitalen Bildungsprojekten in Afrika und Asien.

Dr. Adam, mit welcher Erwartung kommen Sie zur Moving Target Digitalisation nach Berlin?
Ich bin wirklich enthusiastisch. Die Konferenz bringt Beteiligte aus Wissenschaft, Praxis und Politik zusammen. Es ist wichtig, diese unterschiedlichen Expertisen, Denkansätze und Perspektiven auszutauschen, und ich freue mich, dazu einen Beitrag leisten zu können.

Sie sind eine profunde Kennerin der Bildungssituation in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen. Wie schreitet dort die Digitalisierung voran?
Die Covid-19-Pandemie war ein wichtiger Impuls, Online- und Distanzlernen intensiv auszubauen. Und das, obwohl in diesen Ländern die Systeme oft nicht darauf vorbereitet waren und es vielfach heute noch nicht sind. 

Skizzieren Sie bitte einmal, wie sich das auswirkt.
Viele Schülerinnen und Schüler sowie Studierende sind gar nicht in der Lage, von der Digitalisierung zu profitieren, weil einfach der technische Zugang fehlt. Vereinbarungen mit Telekommunikationsanbietern zum sogenannten Zero-Rating ermöglichen es Endnutzerinnen und -nutzern, auf Ressourcen kostenlos zugreifen zu können. Aber wir sehen auch Probleme mit Endgeräten: In vielen Haushalten gibt es nur ein einziges Smartphone. Da wird es schwierig, dass alle Mitglieder des Haushalts ihre Kurse und Meetings regelmäßig besuchen können.

Welche weiteren Hindernisse gibt es für digitale Bildung?
Wir erleben nicht nur eine Lücke beim Zugang, sondern auch bei der Aufnahme und Nutzung von digitaler Bildung. Selbst wenn junge Leute einen Laptop oder ein Smartphone besitzen: Verfügen sie dann auch über die Fähigkeiten, das Angebot optimal zu nutzen? Sind sie in der Lage, „Fake News“ und Desinformation, wie sie zum Beispiel in der Pandemie viel verbreitet wurden, zu erkennen und abzuwehren? Können sie die digitalen Mittel so nutzen, wie wir es im virtuellen Lernen voraussetzen? Wir sollten die Bedingungen genau analysieren, damit wir die jungen Nutzerinnen und Nutzer nicht überfordern.

Welche nächsten Schritte sind aus Ihrer Sicht notwendig?
Es ist wichtig, dass wir schnell die grundlegenden Voraussetzungen für Bildung verbessern. Das muss pragmatisch angegangen werden! Technologie ist nicht immer notwendig und bietet halt nicht immer ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Außerdem sollten wir genau das Verhalten von Zielgruppen analysieren, die mit digitalem Lernen weniger vertraut sind. Zum Beispiel sind bestehende Plattformen wie WhatsApp, die sie im täglichen Leben nutzen, als niederschwellige Angebote zunächst der bessere Weg zum virtuellen Austausch, als gleich ganz neue digitale Umgebungen aufzubauen.

Sind Sie eine Kritikerin von technologischen Lösungen? 
Nein, ganz und gar nicht. Ich sage das ausdrücklich, weil ich weiß, wie bequem und sinnvoll vernetzte digitale Portale und die Möglichkeiten mobilen Lernens und grenzenloser Zusammenarbeit sein können. Aber solche Möglichkeiten bringen wenig Nutzen in einer Gesellschaft, in der es keinen breiten Zugang zum Internet und wenig Erfahrung mit digitalem Lernen gibt.

Welchen Weg in eine Digitalisierung der Bildung schlagen Sie für eine solche Gesellschaft vor?
Erst brauchen wir in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen eine solide Basis. Das heißt: Studierende sowie Schülerinnen und Schüler brauchen kostenlose Zugänge, genug Geräte und die Befähigung zum digitalen Lernen. Parallel können dann schrittweise umfassende Plattformen mit den zusätzlichen, nützlichen Services aufgebaut werden. Schrittweise heißt: Design zusammen mit Nutzerinnen und Nutzern, also menschenzentrierte Gestaltung. Mit Blick auf die begrenzten Budgets in vielen Ländern dürfen teure, technologische Maßnahmen jedoch nicht zulasten des übrigen Bildungsangebots gehen.

Sie plädieren also dafür, bei der Entwicklung der digitalen Bildung die Praxis und die alltäglichen Herausforderungen zu fokussieren.
Ja, eine Grundvoraussetzung ist verlässliche Planung, um die Bildungssysteme resilient zu machen, damit sie in Schocksituationen wie einer Pandemie, politischen Krisen oder Naturkatastrophen nutzbar bleiben. Und wir benötigen über Bildung hinaus einen viel umfassenderen Blick auf die multiplen Probleme in den Gesellschaften. Das gilt für Länder mit geringem und mittlerem Einkommen, doch auch in Industrieländern beeinflussen soziale Unterschiede die Bildungschancen von Kindern und jungen Menschen stark.

Welches Signal wünschen Sie sich von #movingtarget2022?
Die Digitalisierung hat das Potenzial, Bildungsgerechtigkeit zu verbessern. Wir müssen aber ebenso erkennen, dass die Digitalisierung nicht für alle Fragen eine Lösung bieten kann. Ich hoffe, dass wir eine gemeinsame Vision zur digitalisierten Bildung entwickeln, die wir dann gemeinsam umsetzen. Dies wird ein wertvolles Ergebnis dieser Konferenz sein.

Alfred Harke (4. November 2022)

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